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Das erste Gespann habe ich mir 1986 gekauft - eine brandneue MZ ETZ 250. Mit diesem Gespann bin ich rd. 50000KM gefahren - sehr viel im Winter aber auch mit der Familie in den Urlaub und am Wochenende. Meine Tochter Ines ist schon im Alter von einem Jahr im Seitenwagen unterwegs gewesen.

Mit der Zeit denkt man  über ein 4Takt Gespann nach. Da ich eine BMW R 80 GS PD besitze lag der Gedanke nahe, hier einen Seitenwagen "dranzuhängen".

Ich habe mich für folgenden Umbau entschieden: Dnepr oder Ural Seitenwagen, Peikert Hilfsrahmen, Trommelbremse im Seitenwagen - und das Ganze im Selbstbau und wahlweise eingetragen.

Nach gründlicher Recherche war bald ein URAL Seitenwagen für kleines Geld gefunden.

das ist das Projekt

Sämtliche Anschlußteile und der Hilfsrahmen stammen von Edmund Peikert, Wuppertal. An dieser Stelle sage ich VIELEN DANK für die praktischen Tips die ich von dort bekommen habe ! 

das sind die Teile 

Der Deckel für das hintere Seitenwagenrahmenrohr, sowie die Klemmbüchse stammen von meinem Freund Bernd Dickmann - Danke Bernd für die genaue Anfertigung der Teile !

Nicht zu letzt danke ich auch Herrn Schubert von der DEKRA in Gotha der diesen Umbau begleitet und abgenommen hat.

Dann konnte der Umbau starten (Hinweis: alle Beschreibungen, Maße, Änderungen gelten für meinen Umbau. Ich übernehme keinerlei Haftung für irgendetwas falls jemand diese von hier übernimmt !):

1.) TÜV

Hier galt es die erste Hürde zu nehmen. In Hessen sitzt "der" Spezialist für solche Umbauten in Darmstadt (lt.Auskunft meines hiesigen Prüfers). Das sind von mir immerhin rd.240km.  Da wir fast im Dreiländereck Hessen - Thüringen - Niedersachsen wohnen, kam mir der Gedanke doch mal in dem Nachbarländern zu fragen, das ist näher.

Also habe ich beim ersten Nachbarn angerufen und der hat am Telefon schon die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen (ich habs klatschen hören). "unmöglich...trage ich nicht ein...minimum Autobereifung...niemals wahlweise-die Zeiten von MZ sind vorbei...Festigkeitsgutachten von BMW...Telegabel - ohGottohGott...nur mit Schwinge" das war die Quintessenz des Telefonates. 

Also frisch auf und den nächsten Nachbarn angerufen: "BMW....Hilfsrahmen...URAL Seitenwagen das hört sich gut an, machen Sie mal" - auf meine Antwort ob er denn keine Unterlagen sehen möchte: "ja wenn Sie welche haben dann schicken Sie die  rüber - aber das ist kein Problem"  Na also - geht doch !!!!

 

2.) Anpassen des Seitenwagen -Rahmens

Der Ural-Seitenwagen den ich zur Verfügung hatte ist ein älteres Baujahr. Der Rohrduchmesser des Rahmens ist 50mm und die Wandungsstärke 3,5mm. Die Anschlüsse passen nicht zum Anschluß an eine BMW R 80 GS PD. Der hintere unten war geklemmt und verstellbar, der vordere unten fest. Der hintere oben saß zu weit hinten. Nur der Vordere oben konnte original bleiben. 

Folgende Änderungen sind also nötig: den hinteren Originalanschluß abschneiden und einen Deckel aufschweißen und den vorderen Anschluß so ändern,das man ein handelsübliches, genormtes Anschlußrohr befestigen kann, hierzu verwendet man eine Büchse, die man sich beim Schlosser drehen läßt.

Hier die Arbeitsschritte:

1. ) Anschluß 1, hinten unten

Die originale Klemmung kann nicht verwendet werden, also weg damit: Klemmung ca.20mm vom Längsrohr abschneiden, auf das Rohrende Deckel aufschweißen, Schlitz zuschweißen

   

 Maße für den Deckel

Anschliessend wird eine Klemmung mit Schiebebüchse auf dem linken Rahmenrohr  nur  mit Längsnähten aufgeschweisst. Abstand von der Mitte des hinteren Rahmenrohres bis Mitte der Klemmung 185mm.

auf dem Bild links ist der fertige Anschluß 1

2. )Anschluß 2, vorne unten

Auch dieser Anschluß ist für den Umbau nicht brauchbar: Anschluß abschneiden, das Maß Aussenkante des Bundes der neuen Klemmbüchse zum Längsrohr soll ca.20mm betragen, das Knotenblech abschneiden. Evtl. muß  die Verbindung Längs-/Querrohr unter dem Knotenblech nachgeschweißt werden. Das Anschlußrohr ist etwas oval/unrund deshalb das vordere Rahmenrohr unten ca.80-90mm tief einschneiden damit man die Büchse eintreiben kann.

 

 Maße für die Klemmbüchse Anschluß 2

Bevor man die Büchse eintreibt, bohrt man einige (ich habe 4 gebohrt) 12mm Löcher durch das Rahmenrohr. Durch diese Löcher verschweißt man die eingetrieben Büchse mit dem Rahmenrohr.

  

Anschließend schweißt man den Schlitz zu und verschweißt den Bund der Büchse mit dem Rahmen. Ich habe zusätzlich, als Stabilität gebendes Element, noch ein Knotenblech innen in das Rahmeneck eingeschweißt, quasi als Ersatz für das im Original vorhandene und von mit Entfernte (siehe oben).

Ist die Büchse eingeschweißt, schlitzt man diese der Länge nach auf. Dann werden die Klemmröhrchen aufgesetzt. Um diese genau zu positionieren habe ich die Röhrchen auf eine passende 10mm Schraube aufgefädelt. Zwischen die beiden Röhrchen steckte ich noch eine Karosseriescheibe. Die Scheibe hatte die Dicke des Schlitzes. Somit klemmten die Röhrchen fest in Ihrer Position und ließen sich einfach verschweißen.

  so sieht der fertige Anschluß 2 nun aus.

3.) Anschluß 3, hinten oben

Man schneidet die im Original vorhandene Befestigung vorsichtig vom Rahmen ab und schweisst diese dann, nur mit Längsnähten am linken Rahmenrohr wieder an. Das Mass ist 300mm von der Mitte des hinteren Rahmenrohres bis Mitte Befestigung. Ich habe die, anders als im Original, innen angeschweisst um ein besseres Hebelverhältnis bei der Abstützung der Maschine zu bekommen, Platz genug ist da.

auf dem Bild der Flachbolzen ist der Anschluß 3

4.) Anschluß 4, vorne oben

Glück gehabt - hier kann man den original vorhandenen Anschluss nutzen.

 

3.) Anbau des Hilfsrahmens

Den Hilfsrahmen habe ich bei Edmund Peikert in Wuppertal gekauft. Ich habe den Hilfsrahmen gemäß seiner Anbauanleitung angebaut. Zuerst werden der rechte Sturzbügel und die Seitenverkleidungen rechts und links abgebaut.Dann werden die  Muttern der unteren Motorhaltebolzen der Maschine abgeschraubt.

Hilfsrahmen anhalten   Anschluß 3 oben hinten

Die Anbaubeschreibung erspare ich mit hier in allen Einzelheiten, es liegt eine Genaue dem Hilfsrahmen bei. Nach dieser Beschreibung läßt sich der Hilfsrahmen bestens montieren. Ich habe 3 Stunden mit allen Anpassarbeiten benötigt.

4.) Anbau und Einstellung des Seitenwagenrahmens

Jetzt wird es erst richtig interessant, das Gespann nimmt Formen an. Als ersten Arbeitsschritt muß man die Maschine lotrecht auf den Boden stellen. Ich habe mir ein Lattengerüst gebaut und so die Maschine festgestellt. Da ich "gut durch den Winter gekommen" bin, also jenseits von 110kg wiege, habe ich die Maschine mit meinem Gewicht belastet und dann mit einem Spanngurt in dieser Stellung fixiert. 

   

Im Anschluß daran habe ich die Maße der Maschine auf den Garagenboden aufgezeichnet. Zunächst habe ich die Längsachse des Motorrades übertragen, dabei habe ich die Mitte der Hinter- und Vorderradfelge gemessen und auf den Felgen markiert. Von dort habe ich mit dem Zollstock 100mm abgemessen und mittels eines Winkels auf den Garagenboden übertragen.

Die beiden Markierungen verband ich dann mit einem Richtscheit und habe dann mit einem Edding einen Strich auf den Garagenboden gezogen. Im nächsten Schritt übertrug ich die Mitte des Hinterrades auf den soeben gezogenen Strich. An diesen Punkt legte ich einen Anlegewinkel an und zog dann im 90° Winkel das Maß der Hinterradachse nach rechts. Von dieser Linie habe ich dann den Vorlauf gemessen, ich habe 300mm Vorlauf für mein Gespann gewählt.

Als Spurweite wählte ich das Maß 1180mm.

Im Anschluß daran habe ich das erste mal den Seitenwagen montiert und die Achse über das oben erwähnte 300mm Maß positioniert, das ich als Linie parallel zur Achslinie des Hinterrades auf den Garagenboden gezeichnet hatte. Der Seitenwagen muß waagerecht stehen.

  

Ausrichten auf die Grundmaße

Den Rohrbogen von Anschluß 2 habe ich auf Länge abgeschnitten und dann die Klemmung angeschweisst. So jetzt hängt der Seitenwagen erst einmal den unteren Anschlußpunkten.

Jetzt habe ich die Anschlußstreben der Anschlüsse 3 und 4 oben handfest montiert. Unten habe ich die Anschlüsse noch nicht festgeschraubt.

Nach diesen Arbeiten habe ich den Seitenwagen dann genau ausgerichtet. Den Vorlauf hatte ich ja bereits im vorherigen Arbeitsschritt festgelegt. Jetzt folgte die Einstellung der Vorspur. Die Vorspur ist notwendig damit das fertige Gespann nicht nach rechts zieht, der Seitenwagen ist ja nicht angetrieben. Also wir das Rad des Seitenwagens etwas nach innen eingeschlagen (ähnlich wie bei der Lenkung beim PKW). Das Maß der Vorspur ist dabei die Differenz, die entsteht wenn man parallel zur Maschinenachse und am Seitenwagenrad eine Latte anlegt und auf 2,0m Länge querab den Zwischenraum mißt.

Als Maß für die Vorspur habe ich 30mm gewählt. In der Literatur sind Maße von 20 - 65mm genannt. Normalerweise hätte ich die Mitte gewählt, habe aber mit Rücksicht auf die höhere Pendelneigung bei größeren Vorläufen das Maß 30mm angenommen. 

 

 die Maßdifferenz zwischen den Latten auf 2m: 30mm

Ich habe das graue Richtscheit 100mm von der Mitte der Felgen gemessen positioniert. Die gelbe Wasserwage ist genau 2,0m lang. Mit einem langen Winkel habe ich hinten Richtscheit und Wasserwaage genau "auf Null" positioniert und dann auf dem Richtscheit bei 2,0m eine Markierung mit einem Edding angebracht. 

Den Anschluß 1 und 2 habe ich leicht gelockert damit die sich drehen lassen. Die Schrauben an der Klemmbüchsen sind von mir gelockert worden, jetzt konnte ich das Rohr des Rohrbogens in der Büchse hin und her schieben und so das 30mm-Maß einstellen. Jetzt zog ich die Schrauben der Büchse wieder an und stellte die Anschlußstreben der Anschlüsse 3 und 4 auf Länge ein und befestigte die. Bei der ganzen Einstellerei sollte man immer mal wieder überprüfen ob der Seitenwagenrahmen in Längs- und Querrichtung noch in Waage ist.

5.) Bremsbetätigung

Nun wird  die Seitenwagenbremse angepaßt. Die original Bremswelle des URAL-Seitenwagens ist sehr instabil und ist rechts und links in Anschweissblechen "gelagert".

Edmund Peikert bietet hier eine verstärkte Welle an, die in Teflonbuchsen gelagert ist.

Ich habe die Lagerböcke für die Buchsen jedoch nicht direkt an den Rahmen geschweißt. Vielmehr nutzte ich die vorhandenen Anschweißbleche, ich habe die vorhandenen Bohrungen vergrößert und dann die Lagerböcke dort aufgeschweißt und zwar auf der Innenseite des Rahmens. Vor dem Anschweißen muß man die Teflonbuchsen ausdrücken (14er Nuß ) ! Die neuen Lager müssen genau ausgerichtet werden damit sich die Welle leichtgängig dreht.

 

  Buchsen Bremsgestänge

Dann wird die Bremswelle, die in der Mitte geteilt ist, auf Maß geschnitten. Ich habe zur Bremsenbetätigung ein Flacheisen unter die Fußraste geschweißt, das dann die Welle über ein Rädchen und einen Hebel betätigt.

 

Detail Fußbremsbetätigung

Eigentlich wollte ich jetzt ja den Rahmen lackieren - aber als mein Freund Jörg mit der Whiskyflasche auftauchte und dann auch noch Rolf kam da............ habe ich das dann am nächsten Tag gemacht.

6.) Lenkungsdämpfer

Nachdem dann der Lack getrocknet war konnte ich mich daran machen den Lenkungsdämpfer zu montieren. Man kann natürlich die sauteuren, einstellbaren von XY in edlem Aludesign mit weiss der Teufel was für Features einbauen - aber auch die können nur dämpfen.

Ich habe die einfache Ausführung gewählt: Lenkungsdämpfer von Monroe, Typ 1544, der hatte schon Dienst im VW-Käfer gemacht. Der Hub des Lenkungsdämpfers ist 160mm. Der Preis ca.€ 35,- / Stck.  Nachtrag: ich habe Lenkungsdämpfer vom 190er Mercedes gesehen, da liegt die Stange des Lenkungsdämpfers gut geschützt in einem Röhrchen. So einen würde ich aus heutiger Sicht anbauen

Befestigt wird der Lenkungsdämpfer an der Anschlußstrebe des Anschlusses 4. Hier wird ein Stück Rohr angeschweisst, aus das oben eine 10er Schraube aufgeschweißt wird. An der Gabel wird der Lenkungsdämpfer mit einer Schelle (Achtung es gibt verschiedene Rohrdurchmesser !) und einem Schwenklager befestigt. Die Befestigungsteile habe ich komplett bei Edmund Peikert gekauft.

Stellung des Anschlußrohres für den Lenkungsdämpfer

 Beim Anbau bin ich wie folgt vorgegangen: Schelle mit Schwenklager montieren, Lenkungsdämpfer am Schwenklager und unten am Rohr montieren,  Lenker ganz links einschlagen, den Dämpfer auf 155mm zusammenschieben, Lenkung auf Mittelstellung (geradeaus) stellen, Rohr unten an die Anschlußstrebe so anhalten das gummigelagerte Hülse des unteren Lenkungsdämpferanschlusses gerade steht, Rohr anpunkten, Überprüfen ob sich das Vorderrad bis an die Anschläge lenken läßt, ist das der Fall, dann kann das Rohr an die Anschlußstrebe verschweisst werden. Achtung ggfls. muß des Rohr eingekürzt werden damit das Boot montiert werden kann !

 

Anschluß des Schwenklagers am Tauchrohr der Telegabel

der fertig angebaute Lenkungsdämpfer

6.) Elektrik

Die Elektrik muß auch noch gemacht werden. Ich habe die Leitungen zum Rücklicht und Blinker der Maschine in Höhe des rechten Seitendeckels getrennt und auf die Enden Aderendhülsen aufgepresst. Dann klemmte ich mit einer Lüsterklemme die Leitungen wieder zusammen und setzte eine Anhängersteckdose. Da der originale Seitendeckel aufgrund der Anschlüsse des Hilfsrahmens nicht mehr passte, fertigte ich kurzerhand aus Alublech einen Neuen.

 

Elektroanschluß fürs Boot            schwarz ist rot und plus ist minus...

 

7.) Aufsetzen des Bootes

Bevor ich das Boot aufgesetzt habe, kürzte ich die hinteren Gummipuffer des URAL-Seitenwagens um 40mm. Weil die dann aus der auf dem Rahmen angebrachten Klemmung herausrutschen, fertigte ich eine Art große Unterlegscheiben aus 2mm Alublech an mit den Maßen: Aussendurchmesser 81mm, Innendurchmesser 60mm. Diese Scheiben fädelte ich dann auf den Gummipuffer unter die originale obere Klemmung (das geht schwer - aber geht). Damit klemmen die Puffer bombensicher.

 

so sieht das Ding mit Boot aus

Jetzt muß nur noch der Lackierer ran....

erste Ausfahrt - da gibt es noch Einstellungsbedarf...

 

bei der DEKRA, der Prüfer hat offensichtlich Spaß !

8.) Zahlen und Fakten

Kosten:

Seitenwagen:  €    400,-

Anschlußteile, Bremswelle:      € 1.010,- 

Lenkungsdämpfer:                    €       35,-

verstärkte Gabelfedern :           €       98,-

Drehteile:                                    Sechserpack

DEKRA Abnahme:                    € 194,50

Eintragung / Zulassungsstelle: €    11,40   

Arbeitsstunden:    ca. 35

Spurweite:            1180mm

Vorspur:                    30mm

Vorlauf:                    300mm

 

9. Ein Fazit nach vier Jahren und etwa 15000km

Das Konzept hat sich bewährt. Die gewählten Maße sind eine sehr gute Kombination und das Gespann läuft ruhig, ohne Pendelneigung, den Lenkungsdämpfer hätte ich mir schenken können.

Wenn Ihr Fragen habt, so beantworte ich die gerne. Ich schicke Euch auch gerne weitere Detailfotos des Umbaus oder Kopien des Gutachtens für den Eintrag in den Brief.

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